Diversität, Inklusion, mentale Gesundheit – Unternehmenskultur ist kein Schlagwort mehr

Diversität, Inklusion (D&I) und Wohlbefinden am Arbeitsplatz bekommen aktuell für Unternehmen eine ganz neue Bedeutung. Führungskräfte sehen sich nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande mit der sogenannten »Great Resignation« konfrontiert – das Phänomen, dass bei Arbeitnehmenden seit der Pandemie in vielen Branchen Jobunzufriedenheit und eine hohe Wechselbereitschaft herrscht.

Tech-Unternehmen auf der ganzen Welt haben die Vorteile einer offenen, diversen und inklusiven Unternehmenskultur erkannt. Nicht nur für die Produktivität und die damit einhergehenden Vorteile auf dem Markt, sondern vor allem für die Bindung der Mitarbeitenden ans Unternehmen und die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften – was gerade in der Tech-Branche, wo besonders hoher Fachkräftemangel herrscht, ein wesentlicher Faktor ist.

Treiber unternehmerischer Produktivität. Das Wohlbefinden der Belegschaft hat einen enormen Einfluss auf die Produktivität des Unternehmens. Studien zufolge kosten demotivierte Mitarbeitende die Welt 7,8 Billionen Dollar an »verlorener« Produktivität [1]. Das entspricht 11 Prozent des weltweiten Bruttoinlandprodukts. Gleichzeitig gaben laut einer Umfrage der Boston Consulting Group 81 % der Menschen, die an einem inklusiven Arbeitsplatz arbeiten an, dass sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind – dreimal mehr als diejenigen, die sich nicht aktiv einbezogen fühlen [2].

Es gibt viele Möglichkeiten, wie Unternehmen einen inklusiven Arbeitsplatz gestalten können. Ein wichtiger Aspekt sind Mentoring- und Netzwerkprogramme. Equinix hat zum Beispiel zahlreiche Community-Gruppen innerhalb des Unternehmens eingerichtet, von LGBTQIA+ und People of Color bis hin zu Menschen aller religiösen Überzeugungen. Bereits vor 10 Jahren haben wir das Equinix Women Leadership Network (EWLN) gegründet – eine Plattform für Frauen, um Erfahrungen auszutauschen und Führungsqualitäten zu entwickeln. Initiativen wie diese stärken unterschiedliche Gruppen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur unternehmerischen Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit ist vielschichtig. Denn eins ist wichtig klarzustellen: Die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen sind vielschichtig und beziehen sich eindeutig nicht nur auf das Klima, sondern umfassen auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und damit soziale Aspekte. Aus diesem Grund hat Equinix sechs neue »Finding a Better Way«-Initiativen ins Leben gerufen – sprich Lösungen, die gezielt das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern sollen. Dazu gehören einfache Maßnahmen wie die Begrenzung der Meetingdauer auf 25 oder 50 Minuten, um Pausen zwischen Terminen zu ermöglichen.

Zu Diversität und Inklusion gehört auch, dass jedem Menschen der Zugang zur digitalen Welt ermöglicht wird. Nur so ist eine gleichwertige Teilhabe an der heutigen Gesellschaft gegeben. Hier sehe ich vor allem Tech-Unternehmen in der Pflicht. Kürzlich hat Equinix eine globale Stiftung gegründet, die sich der Förderung digitaler Inklusion widmet – vom Zugang zu Technologie und Konnektivität bis hin zur Vermittlung der Fähigkeiten, die für ein erfolgreiches Leben in der digitalisierten Welt erforderlich sind. Die Stiftung unterstützt Organisationen und soziale Unternehmen, die sich für einen gleichberechtigten und inklusiven Zugang zu Technologie, Konnektivität und Bildung einsetzen. Das Erfüllen dieser sozialen Nachhaltigkeit hat auch einen entscheidenden Vorteil für die Unternehmen selbst: Nämlich beim Kampf um Fachkräfte.

D&I als Mittel gegen den Fachkräftemangel. Laut unserer jährlichen Umfrage zu globalen Technologietrends 2022 betrachten 54 Prozent der deutschen IT-Entscheider den Mangel an IT-Fachkräften als eine zentrale Gefahr für ihr Unternehmen. Die häufigsten Probleme in Deutschland, die jeweils von mehr als 40 Prozent der Befragten genannt wurden, waren Bewerbungen auf Stellen trotz falscher Qualifikationen (47 Prozent) sowie die Schwierigkeit, gutes Personal an das Unternehmen zu binden (43 Prozent). Das Wohlbefinden am Arbeitsplatz spielt insbesondere für letzteren Punkt eine entscheidende Rolle. Unternehmen müssen Wege finden, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, um mit der Nachfrage und der rasanten Beschleunigung der Digitalisierung mithalten zu können.

Equinix hat etwa die Initiative »I Am Remarkable« ins Leben gerufen, die Frauen ohne technischen Hintergrund nach einer beruflichen Pause beim Einstieg in die Rechenzentrumsbranche unterstützt. Die Initiative richtet sich an Frauen, die über wertvolle Fähigkeiten verfügen aber möglicherweise davon abgehalten werden, sich zu bewerben, weil sie glauben, dass ihre Qualifikationen unzureichend sind.

Förderung der nächsten Führungskräfte-Generation. Von der Bindung von Mitarbeitenden bis hin zur Steigerung von Produktivität und Engagement: Eine erfolgreiche Strategie für Wohlbefinden und mentale Gesundheit am Arbeitsplatz birgt somit entscheidende Vorteile. Die Tatsache, dass diese Aspekte für Menschen im Arbeitsleben immer wichtiger werden, ist eine Entwicklung, die vor allem von der jungen Generation vorangetrieben wird. Tatsächlich zeigen Studien, dass zwei Jahre nach der Pandemie die Burnout-Quote bei den GenZ und Millennials aufgrund der Intensität und der Anforderungen ihres Arbeitsumfelds nach wie vor bemerkenswert hoch ist (bei 45 Prozent der Befragten!). Im Gegenzug zählen das Streben nach einer besseren Work-Life-Balance und die psychische Gesundheit zu den wichtigsten Faktoren bei der Wahl eines Unternehmens, für das sie arbeiten möchten [3]. Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion sind für diese Generationen nicht mehr nur ein »nice to have«, sondern ein Gebot, das ihr individuelles Selbstverständnis widerspiegelt [4].

D&I und Wohlbefinden sind nicht mehr bloße Schlagworte, sondern müssen Teil des täglichen Geschäfts sein. Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, müssen Unternehmen Arbeitsmodelle gestalten, die den Erwartungen der jungen Arbeitskräfte entsprechen – und die eine neue Generation von einfühlsamen und inklusiven Führungskräften fördern.

 


Jens-Peter Feidner,
Managing Director, Deutschland,
Equinix

 

 

[1] Gallup, State of the Global Workplace: 2022 Report
https://www.gallup.com/workplace/349484/state-of-the-global-workplace.aspx
[2] Boston Consulting Group, Inclusive Cultures Have Healthier and Happier Workers, 2021
https://www.bcg.com/it-it/publications/2021/building-an-inclusive-culture-leads-to-happier-healthier-workers
[3] Deloitte, The mental health of Gen Zs and millennials in the new world of work, 2022
https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/global/Documents/deloitte-2022-genz-millennial-mh-whitepaper.pdf 
[4] Gallup, 4 Things Gen Z and Millennials Expect From Their Workplace, 2021
https://www.gallup.com/workplace/336275/things-gen-millennials-expect-workplace.aspx

 

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